Im Frühjahr 2000 wurde die NABU-Streuobstwiese in Berndorf (Vulkaneifel) als Modellanlage im Rahmen eines Förderprogramms des Landes Rheinland-Pfalz angelegt. Auf einer Fläche von 1,3 ha Grünland wurden 60 Bäume gepflanzt, darunter 50 Apfel-, 6 Birnen-, 2 Zwetschgen- und 2 Kirschbäume, insgesamt verteilten sich 22 Obstsorten auf die 60 Bäume.
In der Aufsicht von der gegenüber liegenden Anhöhe aus sieht man den Wanderweg 2 vor der Streuobstwiese, Büttners Rote Knorpelkirsche direkt dahinter steht in voller Blüte, Schneiders Späte Knorpelkirsche rechts daneben wird sich 10 Tage später mit der vollen Blüte anschließen.
(Foto Leo Mattelé, April 2024)
Die Streuobstwiese in Berndorf ist leicht zu erreichen, sie liegt in der Nähe der L10 zwischen Hillesheim und Berndorf. Wenn man von Hillesheim nach Berndorf fährt, biegt man 50m vor dem Ortsschild rechts in den asphaltierten Wanderweg 2 ein, nach weiteren 100m kündigt eine Infotafel die NABU-Streuobstwiese Berndorf an.
Die Luftaufnahmen (LANIS, Geobasisinformation der Vermessungs und Katasterverwaltung RLP, ca März 2024) zeigen die
Streuobstwiese in ihrer Lage am Ortsrand von Berndorf, in der Detailaufnahme kann man sehr gut die Anordnung der Bäume in 5 Reihen erkennen.
Die im Jahr 2000 errichtete Infotafel war in die Jahre gekommen und wurde im Januar 2025 durch eine aktualisierte Tafel ersetzt. Die auf der alten Tafel angezeigte, ursprüngliche Auswahl und Verteilung der Sorten auf der Streuobstwiese war nicht mehr aktuell. Einige Bäume waren nachgepflanzt worden, hierbei kamen auch abweichende Obstbaumarten und -sorten zum Einsatz, und es hatte sich gezeigt, dass auch bei den gut angewachsenen Bäumen die Sortenangabe nicht immer gestimmt hatte. Hinzu kommt, dass der auf dem Wanderweg 2 stehende Betrachter sich in einer doppelt spiegelbildlichen Darstellung der Bäume orientieren mußte, was für einige Verwirrung gesorgt hatte.
Auf der neuen Infotafel wird auf die Aufzählung der Sorten und die Nennung des Standortes verzichtet, mittels QR-Code wird man aber auf die Projektseite geleitet, wo unter "Unsere Obstsorten" der aktuelle Stand bezüglich Sorten und Standort nachgelesen werden kann (Fotos Leo Mattelé).
Wer mehr zu der ursprünglichen Planung der Modellanlage wissen will, findet hier die entsprechenden Informationen:
Die Informationen zu den Baumarten und Obstsorten sind hier in einer überarbeiteten Version des ursprünglichen Pflanzplans dargestellt. Eine erste Aktualisierung des Pflanzplans wurde vorgenommen, dabei wurde eine Kuriosität aufgenommen: der letzte Baum der 5. Reihe hat sich als "Japanischer Wildapfel" statt der geplanten Apfelsorte "Bittenfelder" entpuppt, wohl ein Hinweis auf eine Verwechslung vor der Pflanzung. Vielleicht kann sie dadurch erklärt werden, dass der (nicht heimische, aber dennoch für die Insekten und Vögel sehr wertvolle) Japanische Wildapfel auf einen Bittenfelder aufgepfropft worden war. Der Bittenfelder als Kulturapfelsorte ist ein Zufallssämling aus Bittenfeld in Baden Würtember und zeichnet sich durch Robustheit, Langlebigkeit, Frosttoleranz und Unempfindlichkeit gegen Krankheiten aus. Er ist einer der wichtigsten Stammunterlagen für die Veredelung von Halb- und Hochstämmen für die Streuobstwiese.
Unsere Aufgabe für die nächsten Jahre wird sein, die lt. Plan zu erwartenden Obstsorten zu bestätigen (oder unerwartete Sorten zu bestimmen oder bestimmen zu lassen). Ein Anfang ist gemacht:
Art: Apfel Sorte: Maunzenapfel Standort: Reihe 5, Baum 3 und 10;
Art: Apfel Sorte: Landsberger Renette Standort: Reihe 5, Baum 9;
Art: Apfel Sorte: Japanischer Wildapfel Standort: Reihe 5, Baum 11;
Info: Japanischer Wildapfel bei Wikipedia / Japanischer Wildapfel Golden Hornet bei NaturaDB
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Mitglieder von der NABU Gruppe Kylleifel kümmern sich ehrenamtlich um die regelmäßig anfallenden Pflegearbeiten wie Baumschnitt, Nachpflanzung geschädigter Bäume, Freilegen der Baumscheiben, Entbuschung und Heckenschnitt. Hier ist die Hilfe auch von Nicht-NABU-Mitgliedern immer willkommen! Die Wiese wird ein- bis zweimal im Jahr durch einen vertraglich beauftragten Landwirt gemäht, das Mähgut wird weiter verwendet.
Baumschnitt im Frühjahr 2014. Auch Arbeiten wie Müll entsorgen müssen erledigt werden. Das NABU-Kylleifelteam nach getaner Arbeit.
(Fotos: Clemens Hackenberg) )
Und wenn es an die Ernte geht, sind es (meist) wieder die ehrenamtlich arbeitenden Mitglieder der NABU Gruppe Kylleifel, die sich um Pflücken und Aufsammeln der Früchte, um Weiterverarbeitung und Verteilung kümmern. Von der Kirschernte im Juli bis zur Ernte der späten Apfelsorten im November gilt es, die Erträge zu sichern und ggfls. der Weiterverarbeitung zuzuführen. Und jede Frucht, die nicht von den Menschen geerntet werden konnte, ist den vielen tierischen Bewohnern oder Besuchern der Streuobstwiese willkommene Nahrung.
Bei der Apfelernte 2015 (Fotos 3-5) wurde der NABU Kylleifel tatkräftig unterstützt durch Mitglieder des Eifelvereins Hillesheim. Als Lohn winkte allen Bioäpfel zum Sofortverzehr oder zur Lagerung und der ein oder andere Liter köstlicher Bioapfelsaft.
Fotos: Susanne Venz (5), Gerd Ostermann (1-4)
Bevor der fertige Apfelsaft zu Hause in die Vorratskammer eingelagert werden kann, gibt es wiederum einiges zu tun. Zunächst gilt es (wenn man das nicht auch noch selbst machen will), eine geeignete Obstpresse zu finden. Das Obst muß dahin transportiert werden, und wenn man Glück hat, wird die weitere Arbeit von den kundigen Menschen dort erledigt. Für die Berndorfer Streuobstwiese gibt es glücklicherweise in Üxheim, nur wenige Kilometer entfernt, eine hervorragend arbeitende Obstpresse mit ausgesprochen netten und fachkundigen Mitarbeiterinnen / Mitarbeitern (liebe Grüße an Frau Bernardy!).
Und so funktioniert die Herstellung des köstlichen Bio-Apfelsafts von der Streuobstwiese Berndorf: die Äpfel werden in den mit Wasser gefüllten Behälter geschüttet (1), gewaschen und in die Presse transportiert (2), die Pressrückstände (ziemlich trocken!) entfernt (3), der gewonnene Saft erhitzt (und damit sterilisiert) und (exakt abgemessen zu 3 oder 5 L) in Kunststoffbeutel gefüllt (4). Die Beutel werden in passende Kartons gelegt (5) und schon kann der Saft gerecht an die Erntehelfer vom Eifelverein Hillesheim und vom NABU Kylleifel verteilt werden (6).
Fotos: Susanne Venz (2), Gerd Ostermann (1, 3-6)
Wer seinen eigenen Saft pressen (und konservieren) lassen möchte, kann sich im Vereinsgebiet z.B. an die mobile Apfelsaftpresse in Üxheim wenden. Man kann seine Äpfel nach Üxheim bringen (Birnen und Quitten geht auch!) aber auf Wunsch kommt die Obstpresse auch zum Kunden und es wird vor Ort gepreßt.
Und falls der Ertrag einmal alle Verteilungskapazitäten der NABU-Gruppe Kylleifel übersteigen sollte so konnte in der Vergangenheit ein Vertrieb über die FÖNO GbR organisiert werden (Gesellschaft zur Förderung traditioneller Obstwiesen und -weiden), die hat leider ihren Betrieb eingestellt, es läuft die Suche nach Alternativen.
Und immer wieder ist die Berndorfer Streuobstwiese ein Ort, wo praktische Umweltbildung vermittelt wird:
Der letzte Baumschnittkurs, der an 2 Samstagen im April 2023 und April 2024 unter der Leitung von Thomas Schneider, Baumwart und NABU-Mitglied, angeboten wurde, fand lebhaftes Interesse und war rasch ausgebucht. 2023 wurde erst im Gemeindehaus in Berndorf im angenehm temperierten Raum die Theorie vermittelt, dann ging es bei winterlichen Temperaturen auf die Streuobstwiese, wo ein Birnbaum nach allen Regeln der Kunst beschnitten wurde. Ein Schwerpunkt des Kurses war die Sicherheit bei den Baumschneidearbeiten. Ein Jahr später konnten dann alle Teilnehmer nach kurzer Auffrischung der Theorie direkt auf der Streuobstwiese unter fachkundiger Aufsicht ihr Wissen anwenden.
Fotos Susanne Venz
Am Vormittag des 25. Juli 2015 fand der vierte gemeinsame Sensenworkshop des NABU Südeifel und des NABU Kylleifel auf der Berndorfer NABU-Obstwiese statt. Dabei konnten 12 interessierte Schnitter in die Kunst des Umgangs mit der Sense eingewiesen werden. Jan-Roeland Vos vermittelte viele Insidertipps zum Dengeln, Wetzen, dem richtigen Einstellen des Werkzeugs und Führen der Sense beim Schneiden.
Auch historisches zur Sense kam zur Sprache. „Früher wurde das Mähen mit der Sense während der alltäglich anfallenden Arbeiten vom Vater zum Sohn und Enkel weitergegeben. So war es in der Eifel noch vor einigen Jahren selbstverständlich, dass Männer und Frauen das Mähen mit der Sense mit spielerischer Leichtigkeit beherrschten. Das Mähen mit der Sense konnte man eben. Da fiel es niemandem ein, irgend etwas davon aufzuschreiben. Bei dem schnellen Wandel in der letzten Zeit hin zu energiefressenden, radikal zerschneidenden Großmähmaschinen wurden so viele alte Methoden aufgegeben, dass nur noch wenige Erinnerungen an das Vergangene, wie den Gebrauch und die Handhabung der Handsense lebendig sind. (mod. nach LEHNERT, B. ; 2000; Naturerlebnis „Mähen mit der Sense“).“
In der Ausgabe der Wochenzeitung DIE ZEIT vom 6.August 2015, wird der Lebensraum und die
Lebensgemeinschaft Wiese in Paradies in Not
verständlich illustriert. Da wird es auch dem Laien deutlich, warum Schmetterlinge, Käfer, Bienen, Hummeln und Co immer seltener werden.
Dabei kann ein/e geübte/r SenserIn einer/m MotorfreischneiderIn in puncto Mahdleistung durchaus Paroli bieten. Und dies ohne Lärm, Gestank und Kohlenstoffdioxidproduktion.
Fotos: Clemens Hackenberg
Im Mai 2000 wurde die Streuobstwiese Berndorf feierlich eröffnet, auf dem ersten Foto sieht man (v.l.n.r.) Susanne Venz, NABU Kylleifel, Egon Klaes, damals der Berndorfer Ortsbürgermeister, Jacques Berndorf, Schriftsteller und Pate der Streuobstwiese und Astrid Schmitt, damals MdL. Sie (und viele andere) hatten das Projekt Streuobstwiese in Berndorf ermöglicht. Und nach der feierlichen Eröffnung gab es für die zahlreichen Besucher exklusiv eine Krimilesung mit Jacques Berndorf auf der neuen Streuobstwiese.
Fotos: Gerd Ostermann
Und wer wissen will, wie alles anfing und wieso die Streuobstwiese einen Paten bekam, kann dies im Artikel von Susanne Venz im Heimatjahrbuch Vulkaneifel 2002 nachlesen.
Der Schriftsteller Michael Preute alias Jacques Berndorf hat einige Jahre seines wechselvollen und an Höhen und Tiefen reichen Lebens in Berndorf gelebt. Die Natur der Eifel, deren Schönheit und Vielfalt waren ihm immer wichtig und er hat sie oft in seinen Romanen beschrieben. Oft war sie ein Kontrapunkt zu den menschlichen Abgründen und verbrecherischen Geschichten in seinen berühmten Kriminalromanen mit Siggi Baumeister als Protagonist.
Jahrzehntelang hat er den NABU Kylleifel unterstützt, z.B. beim Flächenankauf im Wirfttal bei Stadtkyll und beim Kampf gegen den Gesteinsabbau in der Vulkaneifel. Vor allem aber war er Pate der Streuobstwiese in Berndorf, die er im Jahr 2000 mit eingeweiht hat und deren Entwicklung und Wachstum er über die Jahre wohlwollend begleitet hat. Am 3. Juli 2022 ist Jacques Berndorf im Alter von 85 Jahren gestorben. Sein Name bleibt mit Berndorf und mit dem NABU in Verbindung und sein Paten-Projekt, die NABU-Streuobstwiese in Berndorf lebt weiter!
Wer mehr wissen möchte: https://de.wikipedia.org/wiki/Jacques_Berndorf
Jacques Berndorf, Mitglieder des Eifelvereins Hillesheim und des NABU Kylleifel bei der Apfelernte im Oktober 2015. (Fotos: Gerd Ostermann)
Streuobstwiesen sind, obwohl von Menschenhand geschaffen, eine für die Natur sehr wertvolle Fläche. Da sie nicht gedüngt werden und keine chemischen Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden, lebt hier eine artenreiche Pflanzen- und Tierwelt. In den allermeisten Fällen reguliert sich das Auftreten von Problemen auf natürliche Weise. So sorgen z.B. Fuchs, Milan und Falke dafür, dass sich die Wühlmäuse nicht breit machen und die Baumwurzeln schädigen. Marienkäfer halten den Blattlausbefall der Bäume klein und nicht zuletzt werden hier Wildbienen gefördert, die für eine sichere Bestäubung der Blüten nicht nur auf der Streuobstwiese sorgen. Auch wenn Streuobstwiesen im Ertrag nicht mit dem modernen Ertragsobstanbau mithalten können, so muss man den Gewinn einer Streuobstwiese anders berechnen: die Bäume liefern regelmäßig gesunde, unbehandelte Früchte, das Mähgut findet als Tierfutter oder Streu Verwendung, die Streuobstwiese bietet Lebensraum für viele Tier- und Pflanzenarten, die andernorts gefährdet sind. Sie schützt den Boden vor Erosion, schafft eine zuverlässige Wasseraufnahmefläche bei Starkregen, kühlt bei Hitze und bricht starken Wind. Somit trägt jede Streuobstwiese auch dazu bei, die Auswirkungen des Klimawandels abzumildern.
Wenn Sie sich über die Besonderheiten von Fauna und Flora der Berndorfer NABU-Streuobswiese informieren wollen, finden Sie unter > NABU-Biotope -> Obstwiese Berndorf weitere Informationen.
Hier sei zunächst auf die Naturschutznachrichten 2011 mit einem Auszug aus einem Vortrag von Dipl. Biol. Elke Rosleff Sörensen, Biotopbetreuerin und Paulaberaterin im Südteil des Eifelkreises Bitburg-Prüm verwiesen: Unsere Streuobstwiesen Kostbare Schätze der Südeifel Ökologische Bedeutung einer alten Kulturlandschaft.
Wer mehr wissen möchte, der kann sich auch hier weiter informieren:
Interessengemeinschaft Streuobst Rheinland Pfalz (IG Streuobst)